Äthiopien

(These contributions need still to be translated into English – you might do with deepl.com by yourself in the meantime)

Vom 5. – 15. Mai 2017 war ich in Äthiopien, in der Hauptstadt Addis Abeba. Eine befreundete ehemalige Ministerin lud mich ein, sie fotografisch auf ihrer Reise im Namen einer deutschen Stiftung zu begleiten, für die sie Vorträge und Workshops vor Ort zu halten hatte. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.

Wusstet Ihr, dass Äthiopien zu den ältesten Ländern der Welt gehört und schon in der Bibel erwähnt wurde? Wusstet Ihr, dass es das einzige afrikanische Land ist, das – von kurzen 5 Jahren abgesehen – immer unabhängig war? Über Freunde hatte ich im Vorfeld Kontakte zu Italienern an der italienischen Schule in Addis Abeba aufgenommen – Äthiopien war vom 5. Mai 1936 bis 5. Mai 1941 eine italienische Kolonie –  und ich habe zur Vorbereitung ein sehr schönes italienisches Buch gelesen, „Das Äthiopische Alphabet“, an Hand dessen die sardische Autorin Marcella Catignani sehr liebevoll über Ihren Alltag in Äthiopien erzählt.

Beeindruckt haben mich vor allem die italienisch-ethiopische Welt, die mir Marcella, Sandro, Paula und Marco vor Ort eröffnet haben, wofür ich Ihnen sehr dankbar bin. Eine Konferenz zwischen Vertretern der Afrikanischen und der Europäischen Union sowie Vertretern der Zivilgesellschaft beider Länder. Der  Wettkampf gegen die Zeit beim Thema Bevölkerungswachstum vs. Ernährung und der immense Einfluss Chinas. Ein Ethiojazzkonzert im Fendika Club sowie die Wohnungsübergabe einer Sozialwohnung an ein neunjähriges Kind, bei der ich dabei sein durfte.

Mehr darüber und über andere kleinere Episoden erfahrt Ihr in den einzelnen Beiträgen, die auch alle sowohl unter dem Menüeintrag „Äthiopien“ also auch unter der Kategorie desselben Namens abrufbar sind.

2500m über dem Meer

5. Mai 2017

Puh! Schon nach den ersten 10 Stufen am Flughafen mit meinem schwerem Handgepäck – der Fotoausrüstung – war ich komplett ausser Atem! Die Atemlosigkeit wird mein ständiger Begleiter werden in diesen Tagen in Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens. Addis Abeba, die dritthöchsten Hauptstadt der Welt nach Quito (Bolivien) und Sucre (Equador).

Addis Abeba, die „Neue Blume“ in der  Sprache der größten Bevölkerungsgruppe, amharisch. Die Amhari und die Omori protestieren zur Zeit gegen die politische Vormacht der Tigray in der Regierung. Ethnische Unruhen sagt man gerne dazu. Wohl eher ein Konflikt um Ressourcen, es geht um Land, um Wasser, um Einfluss, der Cleavage ist hier aber nicht nur die Ethnie sondern auch der Konflikt Hauptstadt mit 5 Mio Einwohnern Stadt vs. Land, dessen Bevölkerung von 100 Millionen Einwohnern hauptsächlich auf dem Land lebt, 80% der Menschen arbeiten in der Landwirtschaft. Addis Abeba die neue Blume, denn die Stadt ist relativ jung. Hauptstadt erst seit 1889, Entwicklung zum Handelszentrum und nach einer kurzen Besatzung durch die Italiener – vom 5. Mai 1936 bis 5. Mai 1941 – kam das große Aufblühen erst in den 60ger Jahren des 20. Jahrhunderts durch die Ernennung von Addis Abeba zum Sitz der Afrikanischen Union. Auch die Vereinten Nationen haben hier seit Jahrzehnten ein großes Zentrum, all das bringt Diplomaten aus aller Welt hierher in teure Hotels, die alle dem Staat gehören und von den großen Ketten wie Hilton, Raddisson und Sheraton betrieben werden. Diplomaten, mit denen ich mir nun eines dieser Hotels teile.

Atemberaubende Schönheiten, vor allem die Frauen. Der aufrechte würdevolle Gang, die schwarzen Augen, die weiche schimmernde Haut und die wunderschönen Gesichtszüge. Im Hilton tragen sie dazu Schuhe, bei denen einem der Atem stockt: wird sie stolpern? Schuhe ohnegleichen, hoch und aussergewöhnlich. Die Frauen auf der Strasse, in traditionellen weissen, luftigen langen Gewändern mit Brokat oder auch in schlichter Alltags- oder Arbeitskleidung haben sehr schöne Gesichter und den gleichen aufrechten Gang. Man sagt, die Frauen verrichten hier die schwerste Arbeit auf den Baustellen und tatsächlich kann ich täglich von meinem Hotelfenster aus beim Bau eines Hochhauses eine junge Frau mit krausen langen schwarzen Haaren, zum Pferdeschwanz geflochten, beobachten, wie Sie Steine schleppt. Fairerweise gilt es zu erwähnen, dass auf der gleichen Baustelle auch Männer arbeiten, die schwere Zementsäcke schleppen. In atemberaubender Höhe und ohne jeden Schutz. Jeder für sich.

Abgase, die das Atmen erschweren. Braune Luft, dünne Luft. Leichte Übelkeit nach dem Aufwachen jeden Morgen, so müssen sich Schwangere fühlen. Hin und wieder leichter Schwindel aber vor allem Atemlosigkeit bei jeder Treppenstufe die mir begegnet. Meine Freunde sagen, es dauert bis zu einer Woche, bis diese Symptome, zu denen auch Schlaflosigkeit und leichte Kopfschmerzen gehören, verschwinden. Just, wenn ich dann auch wieder verschwinde…

Rasta und Haile Selassie

6. Mai 2017

Wusstet Ihr, dass Äthiopien zu den ältesten Ländern der Welt gehört? Ein meist unabhängiges und nicht kolonialisiertes Land, wenn man von den 5 Jahren Besatzung durch Mussolini absieht? Und wusstet Ihr, dass die Rasta-Bewegung nach dem ehemaligen Herrscher Saile Selassie benannt sind, der bevor er Kaiser wurde, Ras Tafari genannt wurde? Man nannte ihn auch Negus Negesti, den König der Könige.  Er holte die nach Jamaika ausgewanderten Afrikaner in die Heimat zurück und gab Ihnen ein Stück Land, in dem einem der Atem vom Rauch der Joints genommen wird erzählt man mir. Halie Selassie wird heute noch verehrt und allerorts zeigen ihn Fotos and Wänden oder in Taxis.

Der (fehlende) Dialog

9. Mai 2017

Als erstmalige Teilnehmerin bei einer Konferenz zwischen Vertretern der Europäische Union under der Afrikanischen Union in Addis Abeba war ich entsetzt über die verfahrene Situation. Es gab während aller Gespräche vereinfacht gesprochen nur zwei Haltungen:

  1. Die Europäische. Diese leidet darunter, nur als Geldgeber und nicht als Partner gesehen zu werden und fordert deshalb Gegenleistungen unterschiedlicher Art: Öffnung der Märkte, „Commitments“, „Partnerschaft“, Stärkung der AU, Stärkung der Menschenrechte, Bekämpfung von Korruption, Eindämmen der Flüchtlingsströme. Die EU empfindet jede auch noch so berechtigte Kritik als EU-Bashing, das den Dialog nicht fördert.
  2. Die Afrikanische. Diese leidet darunter, dass die Europäer Ihre Verantwortung weder für die vergangene Ausbeutung noch für die aktuellen und laufenden Ungerechtigkeiten verbal anerkennen will und fordert die EU auf, Ihren „Kolonialsprech“ (sie sagen „narrative“), also die gebetsmühlenartig wiederholte europäische Interpretation der misslichen afrikanischen Lage aufzugeben und stattdessen die afrikanische Wahrnehmung ernst zunehmen.

Diese zwei Haltungen, die wie im Ping-Pong bei jedem der 5 Sessions hin und hergingen verhindern jeglichen echten und konstruktiven Dialog. „Die Afrikaner“ haben kein Vertrauen in Europa und jeder noch so gut gemeinte Vorschlag wird misstrauisch hinterfragt und ggfs. abgelehnt. „Die Europäer“ sehen Afrika nach wie vor als Kontinent, der unseren wirtschaftlichen Interessen zu dienen hat.

Wir brauchen einen „Willy Brandtschen Kniefall“, der offiziell für die Ungerechtkeiten aus der Kolonialzeit um Vergebung bittet. Darüber hinaus sollten wir auch die aktuellen international ungerechten Handlungen benennen, die Afrika schaden und uns explizit verpflichten, daran zu arbeiten, diese abzuschaffen und an einer EU Richtlinie zum Thema Geldflusstransparenz/Korruptionsdatenbank arbeiten. Wenn wir das nicht tun, sind wir nur scheinheilig und die Afrikaner misstrauen uns zu recht. Grundvoraussetzung für weiteren Dialog aus meiner Sicht: Fehler und Schwächen auf beiden Seiten zuzugeben und definieren, wie man jeder für sich und auch gemeinsam daran arbeiten kann.

In weniger als 10 Jahren wird die EU in Afrika weder politisch noch wirtschaftlich eine große Rolle mehr spielen, Länder wie China und Indien, aber auch der nahe Osten werden hier die Führung übernehmen, da sich Afrika dorthin orientiert wird.

Das Thema Migration aus Afrika nach Europa ist für die EU ein riesiges, für Afrika ein untergeordnetes. Der Großteil der afrikanischen Flucht und Migration findet innerhalb des Kontinents statt, nur eine kleiner Teil verlässt den Kontinent und von diesen gehen die meisten in den nahen Osten oder nach Asien, nur ein Bruchteil nach Europa. Deshalb ist auf Seiten der Afrikaner wenig Verständnis dafür da, dass das Thema in Europe so eine große Rolle spielt. Ausserdem begreifen Afrikaner nicht, warum Migration so negativ besetzt ist in Europa, nachdem doch die Welt historisch voller Migranten und Migration ein natürliches Phänomen ist, von dem immer beide Seiten profitieren.

Die afrikanische Seite fragt zu recht, was denn in der öffentlichen Diskussion in Europa zum Thema Migration gesagt wird, warum diese negativ gesehen wird und ob denn in der öffentlichen Wahrnehmung die Fluchtursachen bekannt sind? (Hier hat mich besonders die Statistik beeindruckt, dass die remittencies, also die nach Hause gesandten Geldtransfers der Auswanderer in Summe mehr als die EU Hilfen und Investitionen ausmachen).

Wir brauchen meiner Meinung nach eine unabhängige politische Stiftung/Plattform, die sachlich, mit Statistiken und Belegen, Land für Land konkret und detailliert informiert, wo die Flucht bzw. Migrationsursachen liegen und wie diese verändert werden müssten, was jeder einzelne dazu tun kann, aber was auch unserer Regierungen / die Politik tun müsste und was das wiederum für Konsequenzen hätte. Letztendlich muss es langfristig zu einer Systemveränderung kommen, zu einem Paradigmenwechsel, wenn wir globale Gerechtigkeit wollen. Also eine Plattform zur Bildung und Meinungsbildung. Eventuell noch verknüpft mit einer Korruptionsdatenbank/transparency international.

Was die EU Minister zur Zeit als Erfolg feiern sind nur weitere für Afrika unvorteilhafte Freihandelsverträge und keine guten Lösungen.

Fendika Club

12. Mai 2017

Am ersten Wochenende meines Aufenthalts in Addis Abeba wurde ich mittags von sardischen Freunden zu einer großen Geburtstagsfeier im „Fendika Club“ mitgenommen. Es gab zu essen und zu trinken und es wurde getanzt, Geschenke überreicht und auch für die „Scuolina di Yeka Forest“ Geld gesammelt. Dazu an anderer Stelle mehr. Der Großteil der Veranstaltung fand im Freien statt, es waren vor allem Lehrer der italienischen Schule in Addis Abeba und deren Partner da, aber auch andere Italiener, wie zum Beispiel Geschäftsleute und Studenten oder auch ehemalige äthiopische Abiturienten der italienischen Schule. Im hinteren Teil des Fendika Clubs gibt es einen kleinen Ausstellungsraum, in dem eine Ausstellendes Künstlers Tamerat Siltan zu sehen war. Er kreiert Bäume oder Rinden von Bäumen in einem Land, in dem es keine Bäume mehr gibt.

Es war eine schöne Feier. Dabei habe ich auch Melaku Belay kennengelernt, den Gründer des Clubs, der mir als Tänzer traditioneller Tänze vorgestellt wurde. Er warb dafür, ich möge am kommenden Freitag doch abends zu einem Konzert kommen und ich versprach das zu tun.

Die ganze Woche über habe ich vergeblich versucht, Begleitung zu finden und so beschloß ich, alleine in den Fendika Club zu gehen, zu groß war meine Neugier auf Jazz aus Ethiopien. Der Fenika Club lag nicht weit von meinem Hotel, ungefähr eineinhalb Kilometer, doch nach Einbruch der Dunkelheit geht man hier nicht zu Fuß – eher weil man auf den dunklen Straßen ohne Gehwege droht, zu stolpern oder überfahren als ausgeraubt zu werden. Also begab ich mich auf die Suche nach einem vertrauenswürdigen Fahrer. Diese Suche hat ein großartiges Ende:

Million hatte abgesagt, er habe zu tun (vielleicht war ihm die Fahrt zu kurz?), ein anderer Fahrer sagte zuerst zu, rief aber kurz vorher an ein Reifen wäre geplatzt. So wandte ich mich an den Flughafenshuttleservice des Hotels. Der rief einen Fahrer und begleitete mich nach draussen, wo er dem Fahrer versuchte, die Lage des Clubs zu erklären. Dieser verstand nicht. Zweiter Versuch. Immer noch war dem Fahrer unklar, wohin er musste, da er wohl nur die Strecke zum Flughafen kannte. Da wurde es dem Hotelangestellten zu dumm: er befahl dem Fahrer auszusteigen, setzte sich selbst ans Steuer und fuhr mich – den verdutzten Fahrer zurücklassend – selbst in den Club, aus dem er mich zwei Stunden später auch wieder abholte! Das fand ich mal eine pragmatische Lösung!

Einmal angekommen fand ich eine sehr gemütliche Atmosphäre in dem kleinen Raum mit tiefer Decke und Teppichbehangenen Wänden. Man saß auf kleinen Holzstühlen, neben mir zwei junge Frauen, eine davon wohl eine Bekannte von Melaku Belay. Als ich eintraf begrüßte mich Melaku, der Musik „auflegte“ – zum einen mit echten alten Vinylplatten, zum anderen mit einem MacBook. Dabei konnte man klar sehen, Melaku macht nicht Musik, er lebt Musik: sein ganzer Körper wippte, zitterte, wogte, er schlug mit den Händen auf seine Schenkel, den Tisch, die Bank auf der er saß. Ein Spektakel! Das anschliessenden Konzert war ganz in der tradition des Ethio-Jazz, einer Fusion aus traditioneller Äthiopischer Musik und dem Jazz der 1970siebziger Jahre.  Wunderschön.

Hier geht es zur im Anschluss von mir erstellen Ethio-Jazz-Playlist, und hier zu Playlist mit afrikanischer Musik aus mehreren Ländern.

Meron’s neues Heim

13. Mai 2017

Sie empfängt uns mit Blumen, die sie für uns gepflückt hat. Gelben Blumen. Und einem strahlendem Lächeln. Meron ist neun Jahre alt und lebt mir Ihrer Tante in einem der vielen Slumviertel von Addis Abeba. Ihr Mutter ist nicht da. Sie ist in Bahrein, weil es dort Arbeit gibt. Eine von tausend modernen Sklavinnen der Vereinigten Arabischen Emirate. Sie will in zwei Jahren wiederkommen, wenn Ihr Vertrag ausläuft. In der Zwischenzeit schickt sie Geld nach Hause. Um eine Wohnung zu kaufen, endlich raus aus dem Dreck. Zu dieser Wohnung fahren wir jetzt gemeinsam. Sie liegt in der Peripherie von Addis, einem Neubauviertel sagt man mir.

Dieses beginnt an einem neuen Kreisverkehr. Zunächst fahren wir an von Chinesen gebauten Wohnblöcken vorbei. Hunderte von Neubauwohnungen. Dann kommen wir durch ein skurriles Viertel, in dem fleissig an dutzenden Einfamilienhäusern der äthiopischen Diaspora gebaut wird. Man kann erkennen, in welches Land der Besitzer ausgewandert ist: Schweden, Italien, Frankreich, Naher Osten, Ferner Osten, USA.

Und dann, dann sehe ich etwas, was ich nie zuvor gesehen habe: wohin das Auge reicht Neubauten, Wohnblöcke, Mietskasernen. Hunderte. Tausende. Zwanzig Minuten dauert die Fahrt durch diese Neubauwüste. Häuserskelette, oft nur Rohbauten, in deren Erdgeschossen teilweise  bereits Wäscheseile hängen oder Geschäftstüchtige Kaffee und Wasserflaschen an die Bauarbeiter verkaufen.

Der Staat hat sie bauen lassen. Es gibt eine Warteliste und ein Losverfahren. Wenn man im Losverfahren gezogen wird, muss man schnell für 3.000 USD kaufen. Das entspricht 60 Monatslöhnen für eine arme Familie wie die von Meron, bevor die Mutter ausgewandert ist. Nun verdient sie etwas besser und hofft, schneller diese Schulden abzahlen zu können.

Endlich sind wir da. Die Vorfreude ist riesig. Wir stehen vor der Wohnung und Meron strahlt, wie ein Honigkuchenpferd. Noch nie habe ich ein so glückliches Kind gesehen. Sie hält den Schlüssel stolz in der Hand, steckt ihn ins Schloss, doch bevor sie aufschliesst lässt sie sich fotografieren vor der Eingangstür, ein Foto für die Mama.

Als sie aufschliesst klappen uns die Kinnladen herunter. Wir Europäer kämpfen mit dem Tränen, vor Wut. Wie kann man eine „fertige“ Wohnung so übergeben? Abgesehen vom Bauschutt, der überall herumliegt hängen die Kabel von der Decke, wenn man dieses Gewirr aus Holzstangen und Kabelspaghetti unter einem Wellblechdach überhaupt Decke nennen kann. Das Bad hat lediglich eine im Boden eingelassenes „türkisches Klo“ aus Porzellan, keinerlei Waschbecken. Die Fliesse an der „Stufe“ springt beim ersten Betreten, die „Stufe“ ist inexistent, ein nicht verkleidetes Etwas, Stolper- und Verletzungsgefahr hoch. Die „Küche“ hat keinerlei Anlagen oder Verkleidungen, die Rohre starren einen wie große hohle Augen aus der Wand an. Der Verputz geht nur bis zu zwei Metern zwanzig, ab da sind die Löcher in der Wand so groß, dass man zum Nachbar durschschauen kann. Die Schiebefenster gehen nicht auf, da beim schlampigen Bau Zement in deren Schienen gefallen ist und das Öffnen verhindern.

Eine Frechheit. Eine Ungerechtigkeit. Wir sind beschämt. Wir versuchen, uns nichts anmerken zu lassen.

Meron strahlt, sie ist überglücklich und dankbar: für Sie ist es die erste Wohnung, deren Tür man abschließen kann und die Sicherheit bietet. Sie jubelt und klatscht. Das erste mal eine trockene Unterlage, ausgegossener Zement anstatt Erde. Stabile Mauern anstatt Wellblech.

Nur das Wellblechdach, das hatte sie auch vorher schon.

Als wir gehen, kommen uns von der Strasse vier Staatsdiener in dunkelblauen Anzügen entgegen. Sie gehen schnurstracks auf die Bauarbeiter zu. Ob sie kontrollieren oder abkassieren können wir nicht sehen.